23.01.2011 | EH Lagunak (Indymedia 19.01.2011)
Apurtuorg

Am 18.1.2011 gab es wieder mehrere Razzien im Baskenland gegen linke und unabhängige AktivistInnen. 13 Personen wurden verhaftet und in Incommunicado-Haft an unbekanntem Ort verbracht. Vier Verfafteten wird vorgeworfen, verantwortlich für die Internet-TV-Plattform  http://www.apurtu.org zu sein und damit zum Umfeld der baskischen Guerrilla ETA zu gehören. Linke Gruppen, InternetaktistInnen und unabhängige Medien rufen auf zur Solidarität mit den Betroffenen unter dem Motto “Wir sind alle Apurtu!” (“Tod@s somos Apurtu”).

Verhaftungswelle spanischer Polizei gegen linke Internet-AktivistInnen
Um zwei Uhr morgens drang die dem spanischen Innenministerium unterstellte National-Polizei (Bundespolizei) in die Wohnungen der Betroffenen ein und zerrte sie aus ihren Betten, ganze Ortschaften wurden weitläufig mit Maschinengewehren bewaffnet abgeriegelt. Die Untersuchungen gegen die Internetplattform apurtu.org hätten bereits 2008 begonnen. Den 4 Verhafteten wird im konkreten vorgeworfen Teil der Propaganda-Abteilung der baskischen Repressionsorganisation Askatasuna zu sein und damit die Untergrundorganisation ETA zu unterstützen. Beteiligt an der Geheimoperation gegen die linken AktivistInnen waren unter anderem Mitglieder der “Einheit Cyberterrorismus” des “Generalkomisariat für Information”. Es habe längere Zeit gebraucht, bis die IP-Adressen der verschiedenen Computer konkreten Personen hätten zugeordnet werden können, um herauszubekommen, von wo aus die Internetseite apurtu.org geleitet und mit Inhalten gefüllt wird.

Razzien und Beschlagnahmungen in Bars und Vereinslokalen
Auch gab es Razzien in zahlreichen Bars und Vereinslokalen, wo vor allem CD's, DVD's und Computer beschlagnahmt wurden. Den anderen Verhafteten, bei denen die spanische Spezialpolizei Guardia Civil vorstellig wurde, wird vorgeworfen Teil des ETA-Propagandaaperates EKIN zu sein. Betroffen von dieser Repressionswelle waren diesmal vor allem die linken und unabhängigen Strukturen in der baskischen Provinz Navarra (Hauptstadt: Pamplona).

Frankreich auch beteiligt an Verhaftungsaktion
Ein paar Stunden später wurden zwei weitere AktivistInnen im “französischen Teil” des Baskenlands in Zusammenarbeit von spanischer Nationalpolizei und französischer Bundespolizei verhaftet. Die Verhafteten seien als angebliche Mitglieder der verbotenen Jugendorganisation SEGI seit einigen Monaten “auf der Flucht” gewesen. Von “Flucht” redet die spanische Polizei immer dann, wenn baskische AktivistInnen sich im französischen Teil des Baskenlands aufhalten, weil sie dort in der Regel nur nach Absprache mit französischen Behörden Verhaftungen durchführen können und dort eigentlich nicht selbstständig losschlagen dürfen.

Internetzensur-Gesetz in Spanien gescheitert, trotzdem verstärkte Repression
Noch Ende des vergangenen Jahres ist in Spanien die Verabschiedung eines neuen Gesetzes “Ley Sinde” gescheitet (Infos auf deutsch:  http://www.golem.de/1012/80297.html ). Mit diesem Gesetz sollte angesichts des Wikileaks Vorfalles (Veröffentlichung von Depeschen der US-Diplomatie) eine verschärfte Internetzensur in Spanien herbeigeführt werden, da die USA behauptet, dass Internetpiraterie gerade “in Spanien” (gemeint sind hier Spanien und die autonomen Provinzen Spaniens) weit verbreitet sei und kaum gesetzliche Hürden habe. Trotzdem ist es dem spanischen Staat schon seit langem möglich Internetseiten selbstständig dichtzumachen/zu löschen, ohne hierzu sich langwierig mit den jeweiligen Providern auseinandersetzen zu müssen. Über die Jahre wurden bereits hunderte Internetseiten von linken und unabhängigen baskischen Gruppen und Vereinen zensiert und gelöscht.

Solidaritätsaufrufe: “Wir sind alle Apurtu!”
Auf  http://www.apurtu.org sind vor allem stets aktuelle Video-Berichte über politische Gefangene, gegen Folter und gegen Repression zu finden, aber auch Berichte über linke Demonstrationen nicht nur “für ein unabhängiges Baskenland”. Die Themenpalette reicht von der baskischen Schwulenbewegung, Frauenbewegung, antifaschistischen Aktionen bis hin zur ökologischen und Antiglobalisierungs-Bewegung wie z.B. Anti-TAV (gegen den Bau eines Schnellzuges) oder Itoiz (gegen ein Staudammprojekt).
Daher haben sich jetzt verschiedene linke, unabhängige und antifaschistische Gruppen und Zusammenhänge mit Presseerklärungen und Internetaufrufen mit der Internetplattform apurtu.org solidarisiert und fordern die Freilassung der betroffenen AktivistInnen: “Wir fordern die sofortige Freilassung – wir brauchen sie vor den Computern!”. UnterzeichnerInnen einer gerade erschienenen Solierklärung sind unter anderem Boltxe Kolektiboa (  http://boltxe.info/ ), LLibertat.Cat (  http://llibertat.cat/ ), Sare Antifaxista (  http://sareantifaxista.blogspot.com/ ), La Haine (  http://lahaine.org/ ), Diario Liberdade (  http://www.diarioliberdade.org/ ), Kaosenlared (  http://www.kaosenlared.net/ ), Infomiranda (Miranda de Ebro  http://infomiranda.wordpress.com/ ), Infopunt.vlc ( Valencia  http://infopunt-vlc.blogspot.com/ ), Koska Irratia (  http://www.koskairratia.com/ ), En las calles (Murcia  http://enlascalles.wordpress.com/ ). (Erklärung auf spanisch:  http://sareantifaxista.blogspot.com/2011/01/tods-somos-apurtu.html?spref=fb )

Spanien sabotiert Friedenslösung
Da die baskische Untergrundorganisation ETA sogar in einem kürzlich erschienenen Komunique einen permanenten Waffenstillstand verkündete (  http://info-baskenland.de/723-0-ETA+Erklaerung+in+deutscher+Uebersetzung.html?goback=328 ), um die derzeitig laufende Bemühungen um eine dauerhafte Friedenslösung für das Baskenland zu unterstüzten, vermuten baskische Medien, dass mit der derzeitigen Repressionswelle der spanische Staat mal wieder versucht, eine Konfliktlösung für ein unabhängiges Baskenland mit allen Mitteln zu sabotieren. Außerdem war es dem spanischen Staat ein Dorn im Auge, dass es den linken AktivistInnen des Baskenlandes vor kurzem gelungen war, zu einer großen und strömungsübergreifenden Demonstration mit über 60.000 Personen für die Freiheit von baskischen Gefangenen zu mobilisieren (  http://info-baskenland.de/715-0-spanisches+Guantanamo.html?goback=328 ).

Internationale Aktionstage “Baskenland in Bewegung” im Februar
Vom 7. bis zum 20. Februar gibt es auch in der BRD in mehreren Städten wie in anderen Ländern wie Italien, Franreich, England, Irland, Slowenien, Portugal usw. Solidaritätsaktionen und Veranstaltungen in Solidarität mit der baskischen linken Bewegung. Motto: “Baskenland in Bewegung – für Bürgerrechte, politische Rechte und Unabhängigkeit!”.

Aufruf und weitere Infos: weiterlesen >>


Erstveröffentlichung: Indymedia, 19.1.2011

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