ETA

Vorbemerkung der Übersetzer: Am 10. Januar erklärte die baskische Organisation ETA, die seit 50 Jahren bewaffnet für ein unabhängiges und sozialistisches Baskenland kämpft, einen permanenten, umfassenden und durch die internationale Gemeinschaft verifizierbaren Waffenstillstand. Wir haben darüber berichtet. ETA hat damit die Forderung erfüllt, die die internationale Brüsseler Erklärung (s.u.) und die baskische Erklärung von Gernika (spanisch: Guernica, s.u.) im letzten Jahr an sie gerichtet hatten. Die hochkarätige internationale Unterstützung und die breite Zustimmung der baskischen Bevölkerung für die Friedensinitiative der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung haben ETA zu diesem Schritt bewegt. Diese Zustimmung ist sichtbar: die Forderung nach einem Ende der repressiven Politik der spanischen Regierung gegen die 750 baskischen politischen Gefangenen trugen am 8. Januar 2011 über 60.000 Menschen auf die Strasse, in einer der grössten Demonstrationen seit vielen Jahren. Die aktuelle Umfrage eines spanischen Radiosenders ergab, dass 70% der baskischen Bevölkerung eine zweite wichtige Forderung der Friedensinitiative unterstützt, die Legalisierung der verbotenen Parteien der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung und ihre gleichberechtigte Teilnahme an den nächsten Wahlen.

Vollständige Erklärung der ETA in deutscher Übersetzung:

Mit dieser Erklärung möchte die baskische sozialistische revolutionäre Organisation für nationale Befreiung ETA dem Baskenland seine Entscheidung mitteilen.

In den vergangenen Monaten haben auf Weltniveau bekannte Persönlichkeiten und viele baskischen sozialen und politischen Akteure die Notwendigkeit einer gerechten und demokratischen Lösung des Jahrhunderte alten Konflikts betont. Stichworte sind Brüssel und Gernika.

ETA stimmt dem zu. Eine Lösung wird es durch einen demokratischen Prozess geben, mit Dialog und Verhandlung als Mittel und dem Willen der baskischen Bevölkerung als Kompass.

  • Der demokratische Prozess muss die gegenwärtige Situation, die Leugnung (der Existenz des Baskenlandes) und die Verletzung von Rechten, überwinden und muss Antworten auf die Schlüsselprobleme des politischen Konflikts finden, namentlich die Frage des Territoriums und der Selbstbestimmung.
  • Es ist die Aufgabe der baskischen sozialen und politischen Akteure, sich zu verständigen, um zu einem Konsens für eine Formulierung der Anerkennung des Baskenlandes und seines Rechts auf Entscheidung zu kommen. Es muss sichergestellt sein, dass alle politischen Projekte, auch Unabhängigkeit, möglich sind.
  • Am Ende des Prozesses müssen die baskischen Bürgerinnen und Bürger das Sagen haben. Sie müssen in der Lage sein, ihre Entscheidung für die Zukunft ohne Einschränkung und ohne Einmischung zu treffen.
  • Alle Parteien müssen sich verpflichten, die vereinbarten Abkommen und den Willen der baskischen Bevölkerung zu respektieren. Garantien und Mechanismen hierfür müssen eingesetzt werden.

Deshalb:

ETA hat sich entschieden, einen permanenten und umfassenden Waffenstillstand zu erklären, der durch die internationale Gemeinschaft verifizierbar sein wird.

Das ist ETAs feste Zusage, um einen Prozess zu unterstützen, der eine dauerhafte Lösung ermöglicht, und um ein Ende der bewaffneten Konfrontation zu erreichen.

Es ist Zeit, mit historischer Verantwortung zu handeln. ETA ruft diejenigen auf, die Spanien und Frankreich regieren, alle repressiven Massnahmen zu beenden und ein für alle Mal ihre Position der Leugnung der Existenz des Baskenlandes aufzugeben.

ETA wird ihren unermüdlichen Kampf und ihre Bemühungen für einen erfolgreichen demokratischen Prozess weiterführen, bis wahrhaft demokratische Verhältnisse im Baskenland erreicht sind.

GORA EUSKAL HERRIA ASKATUTA (Für ein freies Baskenland)!
GORA EUSKAL HERRIA SOZIALISTA (Für ein sozialistisches Baskenland)!

JO TA KE INDEPENDENTZIA ETA SOZIALISMOA LORTU ARTE (Für Unabhängigkeit und Sozialismus)!

EUSKAL HERRIA (Baskenland), 8. Januar 2011

Euskadi Ta Askatasuna (Baskenland und Freiheit)
E.T.A.


Erläuterung zu den Erklärungen von Brüssel und Gernika:

Brüsseler Erklärung, März 2010

International bekannte und führende Persönlichkeiten, darunter vier Friedensnobelpreisträger unterstützen in einer Erklärung die Initiative der baskischen Unabhängigkeitsbewegung für eine friedliche Lösung des spanisch-baskischen Konflikts. Sie appellieren an die spanische Regierung und an ETA, diese Initiative durch Unterstützung zum Erfolg zu führen:

“Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, begrüßen die vorgeschlagenen Schritte und die öffentlich erklärte Bereitschaft der baskischen Pro-Unabhängigkeitsbewegung (abertzale Linke), ihre politischen Ziele mit „ausschließlich politischen und demokratischen Mitteln“ und „in der völligen Abwesenheit von Gewalt“ zu erreichen.

Wird diese Willenserklärung vollständig in die Tat umgesetzt, kann dies ein großer Schritt in Richtung der Beendigung des letzten verbleibenden Konflikts in Europa sein.

vollständige Erklärung >>


Erklärung von Gernika, September 2010

Über 30 baskische Organisationen, darunter fünf Parteien, unterzeichneten im baskischen Gernika (span: Guernica) ein “ABKOMMEN FÜR EIN FRIEDENSSZENARIO UND FÜR EINE DEMOKRATISCHE LÖSUNG”. Der Ort Gernika und das gleichnamige Bild Picassos im Hintergrund sind Symbol für den jahrzehntelangen spanisch-baskischen Konflikt. Es appelliert an ETA und an die spanische Regierung, ihre Konfrontationsstrategien zu beenden und eine friedliche Lösung des Konflikts zu ermöglichen:

“… Die unterzeichnenden politischen und sozialen Organisationen und Gewerkschaften fordern ETA und die spanische Regierung auf, Entscheidungen zu treffen und Initiativen zu starten, die das beschriebene Szenario ermöglichen, ein gewaltfreies Szenario, abgesichert durch Garantien, und gekennzeichnet durch zunehmende politische Normalisierung …“

vollständige Erklärung >>


Eine Übersicht über die Friedensinitiative der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung und die wichtigsten Dokumente in deutscher Übersetzung findet sich auf unserer Schwerpunktseite zur Konfliktlösung: weiterlesen >>

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