Gegen Justizwillkür auf die Straße
Etwa 50.000 Menschen haben am Samstag, den 14.4.2018, in Iruñea (Pamplona) ihre Solidarität mit acht jungen Leuten demonstriert, die ab Montag ein Prozess vor dem spanischen Sondergericht Audiencia Nacional in Madrid erwartet. Es geht um eine Auseinandersetzung vor einer Bar in der nahe gelegenen baskischen Kleinstadt Altsasu in den frühen Morgenstunden des 15. Oktober 2016. Die Angeklagten waren mit zwei Polizisten der spanischen Militärpolizei Guardia Civil, die nicht im Dienst waren, in Streit geraten. Einer der Polizisten wurde dabei verletzt. Die acht Jugendlichen aus Altsasu sehen sich nun hohen Strafen wegen Terrorismus gegenüber: für Ainara fordert die Anklage 12 Jahre Gefängnis, für Adur, Jokin, Iñaki, Julen, Aratz und Jonan 50 Jahre, für Oihan gar 62,5 Jahre. Drei Angeklagte sind seit ihrer Verhaftung inhaftiert, mittlerweile mehr als 500 Tage. Sie befinden sich in den Gefängnissen Estremera, Navalcarno und Aranjuez, hunderte Kilometer von ihrer Familie und ihren Freunden entfernt.
Dass eine Kneipenschlägerei vor dem Sondergericht als Terrorismus verhandelt wird und aberwitzig hohe Haftstrafen drohen, empört nicht nur die 50.000, die unter dem Motto „Das ist kein Terrorismus – wir fordern Gerechtigkeit“ auf die Straße gingen. Die Familien der Angeklagten erklärten, dass sie sich für Versöhnung, Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzen. Im Falle ihrer Kinder wollten sie nichts verharmlosen und auch keine Straffreiheit. Aber die Vorverurteilung durch spanische Medien und Politiker, die Übertreibungen und eine bizarre Anklageschrift hätten nichts mehr mit der eigentlichen Tat zu tun. Deshalb fordern sie, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch in diesem Fall gelten müsse. Ähnliche Fälle seien von lokalen Gerichten mit Verwarnungen oder Geldstrafen beigelegt worden.
Der Vorwurf des Terrorismus hat zu einer Welle der Solidarität geführt. Eine Solidaritätserklärung erhielt nahezu 100.000 Unterschriften, 194 Jurist/innen, 88 Abgeordnete und 52 Abgeordnete des Europaparlaments haben Kritik am Vorgehen der spanischen Justiz geäußert. Der Vizepräsident des Europaparlaments, Frans Timmermans, hat zugesagt, den Fall von Brüssel aus zu verfolgen. Auch internationale Menschenrechtsorganisationen kümmern sich um den Fall. Die Organisation Fair Trials hat die Verletzung elementarer Bürgerrechte kritisiert. Amnesty International fordert eine Rücknahme der Anklage wegen Terrorismus. Dies sei überzogen und verletze die von den Vereinten Nationen für das Strafrecht geforderte Klarheit und Präzision.