11.03.2013 | Ralf Streck (vom 6.3.2013)

Nach der Weigerung Spaniens zu verhandeln, forderte Norwegen die ETA-Delegation zum Verlassen des Landes auf. Internationale Beobachter hoffen auf “neue Schritte” zur Konsolidierung des Friedensprozesses. Der Sprecher der PP, Leopoldo Barreda, bestreitet, dass seine Partei die Absicht gehabt habe, in Norwegen mit der ETA zu verhandeln.

Die Dialog-Verweigerung der konservativen spanischen Regierung hat dazu geführt, dass Norwegen die Verhandlungsdelegation der baskischen Untergrundorganisation ETA aufgefordert hat, das Land zu verlassen. Bericht spanischer Medien wird im Baskenland Glauben geschenkt. Für die neu gegründete Linkspartei Sortu (Aufbauen) ist dies das Ergebnis des Boykotts jeglichen Dialogs durch die spanische Regierung. Die Partei, in der sich die verbotene Batasuna (Einheit) neu formiert, glaubt aber nicht, dass damit der Friedensprozess zum Scheitern gebracht wird. “Die baskische Gesellschaft ist reif genug, um nicht in Frustration zu verfallen”, heißt es in einer Erklärung. Norwegen begründet den Schritt damit, dass es keine Fortschritte gegeben habe.

Im Oktober 2011 hatte die ETA nach 50 Jahren das Ende ihres bewaffneten Kampfes erklärt. Sie reagierte damit auf die Forderung der internationalen Friedenskonferenz von Aiete, die nur wenige Tage zuvor im baskischen Donostia-San Sebastian stattgefunden hatte. Der spanische Innenminister Jorge Fernández sieht im Verhalten Norwegens den Beweis dafür, dass die Konservativen ihr Wort hielten. “Wir haben nicht mit der ETA verhandelt, verhandeln nicht und werden auch künftig nicht verhandeln”, sagte er. Richtig ist das nicht, denn die Konservativen haben in den Jahren 1998/1999 während einer Waffenruhe mit der ETA verhandelt. Vertreter der Regierung Aznar trafen sich damals in Zürich mit einer ETA-Delegation. In den Jahren 2006 und 2007 kam es zu umfassenden Verhandlungen in der Schweiz und Norwegen, an denen sich die spanische Regierung unter dem sozialistischen Regierungschef Zapatero beteiligte.

Norwegen hatte den politischen ETA-Anführern den Aufenthalt gestattet, um die Konfliktlösung im spanisch-baskisch-französischen Konflikt zu fördern. Obwohl Spanien erheblichen Druck auf Norwegen machte, konnten Josu Urrutikoetxea, Iratxe Sorzabal und David Pla sich in der Hauptstadt Oslo seither mit Vermittlern treffen. Norwegen nahm – ähnlich wie einst im Friedensprozess zwischen Israel und Palästina – eine aktive Rolle ein. Die ehemalige Regierungschefin Gro Harlem Bruntland gehört zusammen mit dem früheren UN Generalsekretär Kofi Annan und anderen Persönlichkeiten einer internationalen Vermittlergruppe an, die im Oktober 2011 an der Friedenskonferenz im Baskenland teilnahm und die als “Erklärung von Aiete” bekannt gewordene Abschlusserklärung unterzeichnete.

Diese damals ausgearbeitete Roadmap forderte Spanien und Frankreich auf, mit der ETA über die “Konsequenzen des Konflikts” zu verhandeln. Dazu gehört neben der Entwaffnung der ETA und der Entmilitarisierung des Baskenlands auch die Frage der Gefangenen und der Exilierten. Norwegen sollte der Schauplatz der Verhandlungen sein. Zwar fordert Madrid stets die Entwaffnung der ETA, doch es ist unklar, wie sie ohne vorherige Abstimmung ablaufen soll. Das sorgt auch für Kopfschütteln bei der Prüfungskommission, die den Waffenstillstand der ETA überwacht. Ihr steht Ram Manikkalingam aus Sri Lanka vor und ihr gehört auch Jonathan Powell an. Der britische Premier Tony Blair hatte seinen erfahrenen früheren Chefunterhändler im Nordirland-Konflikt als Vermittler entsandt.

Die Prüfer hatten Ende Februar beim Besuch im Baskenland vor allem an die spanische Regierung appelliert, den Friedensprozess mit “Schritten” zu unterstützen, die “Vertrauen schaffen”. Doch die verweigert weiter jede Geste der Entspannung und erkennt sogar die internationale Vermittlung nicht an. Die Prüfer zeigten sich darüber “zufrieden”, dass die ETA ihre eingegangen Verpflichtungen einhalte. Manikkalingam war “optimistisch”, dass “neue Schritte” zu erwarten seien, die den Friedensprozess konsolidieren.

Klar ist, dass die Kommission die ETA drängt, einseitig als Geste unter internationaler Überwachung mit der Vernichtung von Waffen zu beginnen. Dazu ist die aber ohne Entspannungsgesten aus Spanien bisher nicht bereit. Die Ausweisung aus Norwegen erhöht aber den Druck auf beide Seiten weiter. Manikkalingam hofft, dass die Chance zur Beilegung des Konflikts nicht verspielt wird. Er kündigte aber an, man werde im September entscheiden, ob die Tätigkeit fortgesetzt wird, falls es keine neuen Entwicklungen gäbe.

Damit der Prozess nicht durch die Verweigerungshaltung Spaniens entgleist, wird die baskische Linke versuchen, die ETA zu weiteren einseitigen Schritten zu bewegen. Sie setzt darauf, die unnachgiebige Haltung Spanien durch diese einseitigen Schritten deutlich zu machen und die ohnehin von Korruptionsaffären erschütterte spanische Regierungspartei PP international zu isolieren. Der inhaftierte frühere Batasuna-Sprecher Arnaldo Otegi hat die ETA bereits zur “Auflösung aller militärischen Strukturen” unter “internationaler Beobachtung” aufgefordert.

© Ralf Streck, den 06.03.2013

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