Parlamentarische Mehrheit für baskisches Selbstbestimmungsrecht. Linksbündnis erhält fast ein Viertel der Stimmen. Wahlen in Galizien stärken PP
Der nächste baskische Lehendakari, der Ministerpräsident der Baskischen Autonomen Gemeinschaft (CAV), heißt Iñigo Urkullu. Soviel steht nach den Wahlen zum Regionalparlament der CAV am vergangenen Sonntag bereits fest. Mit 27 Sitzen und etwas mehr als 34 Prozent der Stimmen wurde seine Baskische Nationalistische Partei (PNV) klare Wahlsiegerin. Urkullu kann rein rechnerisch sowohl mit der baskischen Regionalpartei PSE der spanischen Sozialdemokraten (PSOE) als auch mit dem baskischen Linksbündnis EH Bildu (Euskal Herria Bildu – das Baskenland versammeln) eine Koalition bilden. Im Vorfeld der Wahlen waren bereits Absprachen zwischen PNV und PSE bekannt geworden. Allerdings stehen PNV und PSE in den beiden zentralen Fragen des Baskenlands auf unterschiedlichen Seiten. In Fragen der Krisenbewältigung gehört die PNV zum konservativen Lager. Die PSE versucht jedoch, sich als Partei der sozialen Gerechtigkeit zu positionieren, und steht inhaltlich deshalb EH Bildu näher als der PNV. Bezüglich des Selbstbestimmungsrechts der Basken unterstützt die PSE die Positionen ihrer spanischen Mutterpartei und steht damit im Widerspruch zur Haltung der PNV.
Der zweite Sieger des Wahlabends war EH Bildu. Das Bündnis der baskischen Linken mit kleineren baskischen sozialdemokratischen Parteien erhielt in den drei zur CAV gehörenden baskischen Provinzen Araba, Bizkaya und Gipuzkoa fast 25 Prozent der Stimmen und damit 21 Sitze im Regionalparlament der CAV. PNV und EH Bildu stellen damit zwei Drittel aller Abgeordneten. Noch nie in den letzten Jahrzehnten hatten die Parteien, die für das Selbstbestimmungsrecht der Basken eintreten, eine solch große parlamentarische Mehrheit.
Die sozialdemokratische PSE des derzeitigen Lehendakari Patxi Lopez und die rechte PP mußten verheerende Niederlagen einstecken. Die PSE verlor fast neun Prozent ihrer Stimmen und liegt nun bei knapp 19 Prozent. Die PP erreichte nach leichten Verlusten weniger als zwölf Prozent. Selbst gemeinsam haben die beiden Parteien, die in den letzten Jahren die Regierung bildeten, nicht soviel Stimmen wie die PNV. »Wenn die Wahlen uns eines zeigen, dann ist es die völlige Delegitimation des vorherigen baskischen Parlaments«, kommentierte die linke baskische Zeitung GARA das Ergebnis der Wahl, die auch das Scheitern der Politik der Illegalisierung der baskischen Linken manifestiert.
Daß die Wahlen fast auf den Tag genau mit dem ersten Jahrestag der Bekanntgabe des Endes ihres bewaffneten Kampfes durch die baskische Untergrundorganisation ETA zusammenfielen, ist reiner Zufall. Die neue Regierung wird von der baskischen Bevölkerung aber daran gemessen werden, ob sie den Prozeß der Konfliktlösung voranbringt und insbesondere eine Lösung für die politischen Gefangenen findet.
Auch in Galizien wurde am Sonntag gewählt. Im Vorfeld war spekuliert worden, daß die PP für die Kürzungspolitik der Regierung Rajoy abgestraft werden würde. Sie ging jedoch als klarer Sieger aus den Wahlen hervor und konnte mit knapp 46 Prozent der Stimmen und 41 Sitzen die knappe Regierungsmehrheit der letzten Wahl sogar noch ausbauen. Der bisherige Präsident der galizischen Junta Alberto Núñez Feijóo bleibt damit für eine weitere Periode im Amt. Die galizischen Parteien, die das Selbstbestimmungsrecht für Galizien fordern, traten nach Jahren der Einheit das erste Mal getrennt an. Der Block konnte gegenüber der letzten Wahl deutlich zulegen und kam auf insgesamt 16 Sitze. Stärkste Kraft wurde mit neun Sitzen und 14 Prozent der Stimmen die Linke Galizische Alternative (AGE). Die PSdeG, die galizische Regionalpartei der spanischen Sozialdemokraten, erlitt wie auch im Baskenland eine schwere Niederlage und verlor neun ihrer ehemals 25 Sitze im Parlament.
Erstveröffentlichung: Junge Welt vom 23.10.2012 weiterlesen >>