Spanisches Sondergericht verurteilt Jugendlichen zu acht Jahren Haft. Eine zerbrochene Fensterscheibe war der Anlass. Seine politischen Aktivitäten, konkret die Teilnahme an genehmigten Demonstrationen und das Aufhängen von Plakaten, wertet der Richter als Beleg für die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung.
Unter der Losung “Ekaitz etxean – Ekaitz muss zuhause bleiben” besetzen Jugendliche aus Gasteiz (spanisch: Vitoria) seit dem 25. Dezember 2011 eine Kirche im Stadtzentrum. Sie wollen bis zum 31. Dezember dort ausharren. Sie fordern ein Ende der politischen Verfahren, in Solidarität mit Ekaitz Samaniego, aber auch mit den vielen anderen baskischen politischen Aktivistinnen und Aktivisten, die als angebliche Terroristen zu horrenden Haftstrafen verurteilt wurden und immer noch werden.
Vor kurzem hatte der Tribunal Supremo, der Oberste Gerichtshof in Spanien den Einspruch des jungen Mannes gegen das Urteil der spanischen Sondergerichts Audiencia Nacional abgelehnt. Ihm droht nun die Verhaftung.
Alles begann am 27. September 2009. Die Ertzaintza, die baskische Polizei, verhaftet den Gasteizer Jugendlichen Ekaitz Samaniego. Sechs Monate später verhaftet sie einen weiteren Jugendlichen Adrian (Txiki) Donnay. Beide werden direkt nach der Verhaftung in der berüchtigten Incommunicado-Haft gehalten. Beide zeigen danach Folter an. Amnesty International fordert seit Jahren die Abschaffung dieser Incommunicado-Haft, einer bis zu 5 Tagen andauernden völligen Isolation in den Händen der Polizei, weil sie Folter ermöglicht. Foltervorwürfe werden vom Ermittlungsrichter in praktisch allen Fällen ignoriert.
Der einzige Tatbestand ist eine zerbrochene Fensterscheibe. Der Untersuchungsrichter des Sondergerichts fordert 14 Jahre Haft und anschliessend 5 Jahre Aufenthaltsverbot in Gasteiz. Bis zum Gerichtsverfahren in Madrid, das erst 1.5 Jahre später stattfindet, bleiben die beiden Jugendlichen in Freiheit oder wie immer man diesen Zustand unter der Drohung einer langjährigen Haftstrafe bezeichnen will.
Das Gerichtsverfahren findet im Januar 2011 statt. Unter einer Vorverurteilungskampagne der spanischen Medien und vor einem desinteressierten Richter. Er sprach Txiki frei und verurteilte Ekaitz zu 7.5 Jahren Gefängnis. 1.5 für die zerbrochene Scheibe, 6 Jahre für eine angebliche Mitgliedschaft in der baskischen Jugendorganisation Segi. Diese war 2007 in Spanien zur terroristischen Vereinigung erklärt worden. In Frankreich ist Segi legal. Die Beweise, die aus Sicht des Gerichts ausreichen, um einen jungen Mann für zusätzliche sechs Jahre hinter Gitter zu bringen? Ein Polizist der Ertzaintza sagte als einziger Zeuge aus, er habe gesehen, wie Ekaitz 3-4 mal Plakate klebte. Ausserdem habe er an genehmigten Demonstrationen teilgenommen. Beides zeige die “Affinität” des Angeklagten zu ETA.
Der Oberste Gerichtshof Spaniens lehnte vor kurzem die Klage von Ekaitz Samaniego gegen das Urteil ab. Der Gerichtshof nutzte die Gelegenheit, das Urteil etwas aufzustocken und machte aus 7.5 Jahren stolze 8 Jahre Haft. Nicht, weil die Zahl runder ist, sondern weil 1.5 Jahre für eine zerbrochene Scheibe doch viel zu wenig sind. Zumindest für einen jungen Basken, der in der linken Unabhängigkeitsbewegung aktiv ist. Die Friedensinitiative der baskischen Linken, ihre Unterstützung durch die Jugendbewegung und dass ETA mittlerweile das Ende ihres bewaffneten Kampfes erklärte, waren weder für das Sondergericht noch für den Obersten Gerichtshof ein Grund, ihr Urteil gegen den politischen Jugendaktivisten zu korrigieren.
Ekaitz etxean – Ekaitz muss zuhause bleiben! Schluss mit der politischen Sonderjustiz und ihren politischen Urteilen!
Webseite der Kampagne “Ekaitz etxean” in spanischer Sprache: weiterlesen >>