Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan hat zugesagt, morgen (Montag) in Donostia (span. San Sebastián) an der Internationalen Konferenz zur Förderung einer Lösung des Konflikts im Baskenland teilzunehmen. Der ehemalige britische Premier Tony Blair erklärte sein Bedauern, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als EU-Nahost-Beauftragter und angesichts der aktuellen Lage nicht ins Baskenland reisen könne. Er stellte aber ausdrücklich klar, dass er die Initiative unterstütze und dass ihn sein ehemaliger Chefunterhändler im Nordirland-Konflikt, Jonathan Powell, vertreten werde. Trotz dieser hochrangigen Besetzung bleiben die spanische Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) und die postfranquistische Volkspartei (PP) von Oppositionsführer Mariano Rajoy der Konferenz fern. Letztere geht sogar so weit, die Veranstaltung als „Wahlkampfpropaganda“ der Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) darzustellen.
„Friedensprozess unterstützen“
Auf einer Pressekonferenz am frühen Samstagabend in Donostia gaben die Organisatoren der Konferenz – die baskische Nichtregierungsorganisation Lokarri und die Internationale Kontaktgruppe des Vermittlers Brian Currin – die Namen aller Teilnehmer bekannt. Aus Irland reisen der Sinn Féin-Vorsitzende Gerry Adams und der Premier a.D. Bertie Ahern an. Aus Norwegen kommt die ehemalige Regierungschefin Gro Harlem Bruntland, während aus Frankreich der ehemalige Minister Pierre Joxe hinzustößt.
Im Namen von Currins Kontaktgruppe erklärte Silvia Casale die internationale Präsenz damit, dass „wir die Internationale Gemeinschaft repräsentieren, die auf eine bescheidene Art einen Friedensprozess unterstützt.“
Die spanische Regierung entsendet keinen Vertreter. Der sozialdemokratische Ministerpräsident der Autonomen Baskischen Gemeinschaft, der Sozialdemokrat Patxi López (PSOE), zog es vor, in die USA zu reisen. Seine Amtskollegin aus der Foralen Gemeinschaft Nafarroa (Navarra), Yolanda Barcina, fehlt ebenfalls, weil auch ihre rechtskonservative Unión del Pueblo Navarro (UPN) entschieden hat, die Veranstaltung zu boykottieren. Nur der baskische Landesverband der spanischen Sozialdemokraten schickt eine Kommission, „um herauszufinden, ob es sich bei der Konferenz um Propaganda handelt“, heißt es in der Begründung.
Aus Frankreich beteiligen sich Mitglieder der Sozialistischen Partei und Angehörige der rechten Formationen UPM und Modem an der Konferenz. Sie werden auf Vertreter aller Parteien der baskischen Nationalbewegung von beiderseits der Pyrenäengrenze treffen. Zugegen sein werden alle wichtigen Gewerkschaften. Hinter der Konferenz stehen angesehene Institute für Konfliktforschung und -lösung wie die Berghof Foundation (Deutschland), Concilition Resources (Grossbritannien), The Desmond and Leah Tutu Legacy Foundation (Südafrika) und NOREF (Norwegen).
Hohes Medieninteresse
Die Konferenz wird am Montagmittag beginnen. Sie findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Alle Teilnehmer sollen ihren Standpunkte vortragen können. Die Ergebnisse werde man auch den Abwesenden zukommen lassen, teilte Lokarri-Sprecher Paul Ríos mit. Bis Samstagnachmittag hatten sich 70 Medien und 200 Journalisten für die Konferenz akkreditieren lassen.
Madrider Frontalopposition
Während Zapateros PSOE nicht genau weiss, welche Position sie angesichts der Konferenz einnehmen soll, hat sich die PP für die Frontalopposition entschieden. In mehreren Interviews ist der Vorsitzende ihres baskischen Landesverbandes, Antonio Basagoiti, die internationalen Teilnehmer scharf angegangen. „ Natürlich sind das Leute, die keine verdammte Ahnung davon haben, was Euskadi [Baskenland, IN] und ETA sind“, sagte er dem rechten Internetportal El Confidencial. In der Bilbaoer Zeitung El Correo schob er nach, dass die Konferenz „den Versuch darstellt, der [verbotenen Linkspartei, IN] Batasuna Kraft und Protagonismus zu geben, die gewusst hat, wie sie Personen zusammenbringt, die nicht die geringste Ahnung vom Konflikt im Baskenland haben und die ihn mit Irland, Südafrika oder Palästina vergleichen, um einen Krieg zwischen zwei Gemeinschaften mit zwei Arten von Opfern zu etablieren“. Basagoiti verlangt eine bedingungslose Kapitulation der ETA mit „Siegern und Besiegten“ und ohne Kompromiss. Ins selbe Horn stößt auch die PP-nahe Vereinigung der Terrorismus-Opfer AVT. Ihre Sprecherin Ángeles Pedraza sagte: „Für mich und die AVT sind die einzigen Vermittler die Sicherheitskräfte und -korps des Staates, die dafür da sind, die ETA zur Strecke zu bringen“.
Die ehemalige Sozialdemokratin und jetzige Führerin der rechtslastigen Unión, Progreso y Democracia (UPyD), Rosa Díez, zeigte sich überzeugt, „dass die internationale Konferenz wenig mit dem Ende der ETA zu tun hat – aber sehr wohl mit einer Art Gedächtnisverlust und politischer Amnestie“.
Spaniens führende Tageszeitung, die PSOE-nahe El País, sekundierte mit einem Titel auf ihrer Internetseite, der einen falschen Eindruck über das Ziel der Konferenz erweckt: „Kofi Annan nimmt am Forum über das Ende von ETA teil“.