13.09.2010 | Ingo Niebel, 12. September 2010

Verbot stärkt Vereinigung von Befürwortern der baskischen Unabhängigkeit

Die spanische Repression hat im Baskenland ein neues Niveau erreicht: Zum ersten Mal hat das Madrider Sondergericht für Terror- und Drogendelikte, die Audienca Nacional, die Demonstration einer legalen Partei verboten, die nicht zum weitgehend illegalisierten Spektrum der linken Unabhängigkeitsbewegung zählt. Die Betroffenen ließen sich dadurch nicht provozieren, sondern rückten enger zusammen. (Foto:Aktivistinnen und Aktivisten aus 44 Organisationen treffen sich in Bilbo noch am selben Tag: “Freiheit und Demokratie gewinnen an Stärke trotz der Verbote, Drohungen und Polizeiaktionen, wenn wir baskischen Bürgerinnen und Bürger uns vereinen und dafür eintreten.”)

Am Samstagmorgen erging das zweite Verbot gegen die für den Nachmittag angemeldete Demonstration, mit der Basken für die “Meinungsfreiheit. Alle Rechte für alle Personen” protestieren wollten. Anmelder war diesmal die legale sozialdemokratische Partei Eusko Alkartasuna (EA, Baskische Solidarität). Sie sprang ein, nachdem die Audiencia Nacional die erste Demo verboten hatte. Aber Richter Ismael Moreno sah die zweite Anmeldung als den Versuch, sein erstes Verbot zu unterlaufen. Das hatte er mit der unbewiesenen Behauptung begründet, das Organisationsbündnis Adierazi EH! (Das Baskenland darstellen) sei eine Nachfolgeorganisation der illegalisierten Partei Batasuna (Einheit) und es würde auf Befehl und im Sinne der Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) handeln.

EA, die eng mit der linken Unabhängigkeitsbewegung für eine friedliche Konfliktlösung zusammenarbeitet, hielt bis zum Samstagmittag am Aufruf zum Marsch nach Bilbo (span. Bilbao) fest. Dann kam überraschend die Kehrtwende: Niemand solle mehr in die Hafenstadt fahren, sagte der ehemalige Regionalminister von EA, Sabin Intxaurraga, “um sich nicht provozieren zu lassen”. Bilder von Straßenschlachten hätten nur zu gut ins Konzept der Madrider Politik gepaßt.

Stattdessen kam es zu einem friedlichen Akt in Bilbo. Die Schriftsteller Gotzon Barandiaran und Laura Mintegi kündigten an, daß 44 Organisationen Adierazi EH! in eine wirklich gesellschaftliche Bewegung wandeln, “damit die Grundrechte auch im Baskenland Platz finden”.

Diese Ereignisse stehen im krassen Gegensatz zu dem Bild, das der deutsche Spanien-Experte Walther L. Bernecker in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift “Aus Politik und Zeitgeschichte” zeichnet. In dieser Beilage der Bundestags-Publikation “Das Parlament”, die Spanien thematisiert, stellt er fest, “das politische Leben hat sich 'normalisiert'”. Als Ursache nennt er den “historischen Politikwechsel”, der 2009 die gesamtspanischen Sozialisten im Baskenland an die Macht brachte. Dass dieser nur dank des Verbots einer linken 15-Prozent-Partei möglich war, erwähnt Bernecker nicht. Dieses Schicksal droht jetzt auch der EA.

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