Besucher der baskischen Buchmesse solidarisieren sich mit den politischen Häftlingen
Basken wollen noch immer keine Spanier sein. Diesen Eindruck vermittelten am Samstag mehrere Tausend Menschen auf unterschiedliche Weise. Ort des Geschehens war die 44. Baskische Buchmesse, die alljährlich in der Kleinstadt Durango stattfindet. Abends demonstrierten 2000 junge Basken für ihre 32 Altersgenossen, die seit knapp zwei Wochen im Gefängnis sitzen. “Gegen die Repression schließen wir Jugendliche uns zusammen” stand auf dem Transparent, das die Demo anführte.
Falls jemand in Madrid geglaubt haben sollte, daß die jüngste Polizeiaktion die linke Jugendbewegung verunsichert hätte, mußte er sich vom Gegenteil überzeugen lassen: nicht nur die Abschlußredner zeigten sich kämpferisch und entschlossen, den Weg hin zu einem anderen Baskenland weiterzugehen. Denn bereits am Mittag hatten mehrere Hundert Menschen auf dem Platz vor der Messehalle den Angehörigen der mittlerweile 762 politischen Gefangenen ihre Solidarität ausgedrückt. Auch an der Gefangenenfront setzt die Madrider Regierung von Premier José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) auf Konfrontation: Familienmitglieder und Freunde müssen sich seit kurzem erniedrigenden Körpervisitationen unterziehen, wenn sie die Häftlinge im persönlichen Gegenüber (vis-à-vis) besuchen wollen. Dagegen wehrt sich das Kollektiv der Baskischen Politischen Gefangenen (EPPK), indem es in solchen Fällen auf die Besuche verzichtet. Das betraf in den vergangenen Wochen 44 Termine.
Auf der Messe, die noch bis zum Dienstag andauert, kann der interessierte Besucher erfahren, daß mittlerweile mehr Basken hinter Gittern sitzen als in den Endjahren der Franco-Diktatur (1936-1978). Es gibt kaum einen der 400 Stände, an dem sich nicht jenes spezielle Messeplakat findet, das die Solidarität “von der Messe bis in die letzte Zelle” verkündet sowie die Freilassung der Schwerkranken und jener, die ihre Strafe verbüßt haben, aber aufgrund einer Gesetzesänderungen nicht freikommen, fordert.
Die Zahl der Gefangenen dürfte in Zukunft weiter wachsen: am 15. Dezember beginnt das Verfahren gegen die Macher und Journalisten der 2003 geschlossenen Tageszeitung Egunkaria. Die Angeklagten gehören zur Mitte der baskischen Gesellschaft. Trotzdem meint die spanische Polizei, sie hätten die Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) unterstützt und finanziert. In und vor der Messehalle von der Größe eines Fußballfeldes – in der sich die unterschiedlichsten Verlage, gesellschaftlichen Organisationen und Musiklabel tummeln – finden sich dann auch Unterstützer, die T-Shirts mit der Aufschrift “Egunkaria libre” für 10 Euro verkaufen. Mit den Einnahmen soll der Prozess finanziert werden. Erst kürzlich haben deswegen bekannte Musiker des Baskenlandes ein Benefiz-Konzert gegeben, das komplett ausverkauft war.
Weitere Aktionen sind geplant: Bis zum 2. Januar wird bis auf das Weihnachtswochenende jeden Samstag eine politische Demo stattfinden. Am 12. Dezember gehen die Jugendlichen erneut gegen die Unterdrückung auf die Straße, am 19. demonstrieren die Unterstützer von Egunkaria und im Januar findet die traditionelle Manifestation für die Rechte der politischen Gefangenen statt. Mit diesen Aktionen gelingt es der weitgehend illegalisierten linken Unabhängigkeitsbewegung, eines ihrer wichtigsten Ziele zu erreichen: auf die Repression mit politischen Initiativen und Aktionen zu antworten.
Siehe auch:
Niebel, Ingo. Das Baskenland. Geschichte und Gegenwart eines politischen Konflikts. Wien: Promedia, 2009.
ISBN 978-3-85371-294-8, 240 S., br., 17,90 Euro; 32.- sFr.
“Eine gut recherchierte, hauptsächlich auf baskischen Quellen basierende Dokumentation zu einem nach wie vor ungelösten politischen Konflikt.” (ekz-Informationsdienst)
“…ein interessantes Buch über die Geschichte des Baskenlandes…” (Tagesspiegel, Berlin)
“Es leuchtet den spanisch-baskischen Konflikt in seiner historischen Komplexität bis in die Winkel aus.” (junge Welt, Berlin)