Spanische Nationalpolizei und Guardia Civil haben heute in den baskischen Provinzen Gipuzkoa, Nafarroa, Araba und Bizkaia insgesamt 34 Jugendliche verhaftet. Die Verhaftungen erfolgten in den frühen Morgenstunden auf Anordnung des Untersuchungsrichters Grande Marlaska, Richter am Sondergerichtshof Audiencia Nacional. Außerdem wurden 92 Wohnungen, Bars und Jugendzentren durchsucht. Mehr als 650 Polizisten waren an der Aktion beteiligt.
Die Verhaftungen dieser grössten Polizeioperation der letzten Jahre wurden vom spanischen Innenminister als “präventiv” bezeichnet und richtete sich angeblich gegen die Jugendbewegung SEGI. Segi wiederum ist in Spanien aus politischen Gründen (angebliche ETA-Nähe) verboten. Nicht umsonst wird dabei die Formulierung von der “Zurechnung” zur ETA benutzt: Beweise hat man keine. Der “Europäische Gerichtshof für Menschenrechte” hat dieses Verbot ebenso unkritisch mit Übernahme der spanischen Argumentation abgenickt wie das von der BATASUNA-Partei. Die Einstufung von SEGI als terroristische Gruppe beruht auf einem Urteil des Richters Garzón, der fast alle Parteienverbote der letzten Jahre selbst überwacht.
Die verhafteten Jugendlichen sind als politische Aktivisten der linken, baskischen Unabhängigkeitsbewegung bekannt. Das ist wohl auch genau der Grund für ihre Festnahme. Am 14. November hatte die baskische linke Unabhängigkeitsbewegung eine neue Konfliktlösungsinitiative vorgestellt, um den spanisch-baskischen Konflikt auf politische, demokratische und friedliche Weise zu lösen. International wurde die Initiative begrüsst. Die Festnahmen sind nun wohl die Antwort des spanischen Staates. Sie zeigen damit eines der eigentlichen Probleme: der spanische Staat findet derzeit auf diesen politischen Konflikt keine andere Antwort als Massenverhaftungen und massenhafte Verletzung von Bürger- und Menschenrechten.
Die Jugendlichen befinden sich in Incommunicado-Haft, in völliger Kontaktsperre in den Händen der Polizei. Das heisst, sie sind über Tage hinweg physischen und psychischen Misshandlungen (bis hin zur Folter) ausgesetzt. amnesty international und die UN Menschenrechtskommission haben den spanischen Staat wiederholt gemahnt, die Incommunicado-Haft abzuschaffen, weil sie Menschenrechte verletzt und Folter ermöglicht (s. Menschenrechte). Das Anti-Folter-Kommittee der UNO hatte vor ein paar Tagen erneut ihr Ende gefordert.
Die französische Polizei nahm unterdessen eine Person in Hendaia fest. Die Verhaftung soll jedoch nicht im Zusammenhang mit den Verhaftungen im spanischen Teil des Baskenlandes stehen.
Nachtrag vom 25.11.2009: Die Eltern erklärten auf einer Versammlung im baskischen Usurbil, die politische Tätigkeit der Jugendlichen im Umfeld der Unabhängigkeitsbewegung sei der einzige Grund für ihre Verhaftung:
“Anders als im Rest Europas sind Meinungs- und Gedankenfreiheit hierzulande Delikte, wenn es sich um junge Leute der Unabhängigkeitsbewegung handelt.”
Die Eltern rufen für Samstag, den 28. November, zu einem Protestmarsch in Bilbo (span.: Bilbao) auf.