31.07.2013 | Laura Mintegi, 29. Juli 2013

Es war damals viel zu kompliziert, den Prozess gegen Journalisten, Aktivisten und Politiker zu beschreiben. Die Verhandlung zog sich von November 2005 bis März 2007 hin (16 Monate!) und am Ende bezeichneten wir die Angeklagten als “die vom 18/98” und bezogen uns damit auf die Nummer des Ermittlungsverfahrens, das zu ihrer Anklage führte.

Die Fakten sind grauenhaft. Iker Bizkarguenaga hat sie am vergangenen Sonntag in GARA aufgelistet: 500 Tage Hauptverhandlung, für die sich etwa 60 Angeklagte und ihre Anwälte (ins 500 km entfernte) Madrid begeben mussten. Gigantische ökonomische Kosten, für jeden der Angeklagten in etwa 3.000€ monatlich (über 16 Monante), zusätzlich der Verlust an Arbeitsstunden, oder gleich des Arbeitsplatzes, eineinhalb Jahre Unsicherheit, ganz zu schweigen von den Jahren , die vom Beginn des Ermittlungsverfahrens bis zur Verhandlung vergingen. Im Fall der (baskischen Zeitung) Egin waren das beispielsweise sieben Jahre.

Im Oktober starten zwei weitere Massenprozesse und unglücklicherweise sind uns die Nummern dieser Ermittlungsverfahren vertraut.

Über Monate wird 40 führenden Politikern von Herri Batasuna, Eusko Herritarok und Batasuna der Prozess gemacht. Das Verfahren nennt sich “Verfahren der Herriko Tabernas” und wird die Angeklagten 700.000 € kosten. Jeder Monat Verlängerung kostet weitere 8000 €. Wir reden über das Verfahren 35/02, das vor elf Jahren, im Jahr 2002 begann.

Ebenfalls im Oktober beginnt die Verhandlung gegen 40 Jugendliche der Pro-Unabhängigkeitsorganisation Segi. Sie sind angeklagt im Verfahren 8/10, und auch Ihnen wird das Verfahren Verluste in der Arbeit, im Studium bringen, sowie enorme Kosten, um dutzenden Verhandlungstagen in Madrid beizuwohnen.

Wie man es für 18/98 gemacht hat, werden auch diesmal T-Shirts und andere Dinge verkauft, Konzerte organisiert, Hilfsdarlehen gegeben und Spendenkonten eröffnet, um die Kosten von mehr als einer Million Euro für beide Verfahren in den Griff zu bekommen. All das, ohne die 1.750.000 € zu zählen, die bereits als Kaution bezahlt wurden, um für die Angeklagten die Freiheit wiederzuerlangen.

Nach den Daten, die uns Bizkarguenaga zusammengestellt hat, fordert die Anklage 372 Jahre Gefängnis für die Angeklagten des Verfahrens 35/02 und 240 Jahre für die Angeklagten des Verfahrens 08/10, das heißt 612 Jahre Gefängnis für alle 80 Angeklagten. Allerdings haben sie einige dieser Jahre bereits abgesessen, 78 Jahre insgesamt (28 Jahre die vom Fall Batasuna betroffenen und 50 Jahre die 40 Jugendlichen, von denen 32 Foltervorwürfe erhoben haben).

Was ist das Ganze? Unsinn. Anachronismus. Immerhin wurden andere Verfahren ähnlicher Aufmachung – Udalbiltza, Egunkaria und D3M – ohne Verhandlung eingestellt.

Kein schlechter Moment, um sich den Kommentar zweier Berliner Anwälte, Martin Poell und Volker Gerloff, ins Gedächtnis zu rufen, die der Verhandlung im Verfahren 18/98 beiwohnten, wo sie unter anderem die Journalisten der Zeitung Egin verurteilten (die sich seit November 2007 im Gefängnis befinden, fast sechs Jahre): “Es gibt viele Verfahren ohne Beweise, aber hier gibt es keine Delikte.”


Die baskische Schriftstellerin Laura Mintegi (geboren in Estella, Navarra, am 26. Oktober 1955) war im Jahr 2012 Spitzenkandidatin der baskischen Linkskoalition EH Bildu bei den Wahlen zum Parlament der Baskischen Autonomen Gemeinschaft, die drei der sieben baskischen Provinzen umfasst. Ihr Buch “Ecce Homo” ist in deutscher Übersetzung in der Baskischen Bibliothek des Pahl Rugenstein Verlags erhältlich.

Blog von Laura Mintegi (in baskischer und spanischer Sprache): weiterlesen >>

Anmerkungen in Klammern sind Erläuterungen der Übersetzerin.

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