25.03.2009 | Ingo Niebel

Baskenland: Wachsende Repression vor Amtseinführung des ersten sozialdemokratischen Lehendakari

Die spanische Regierung setzt nach den Wahlen im Baskenland weiter auf offene Repression. Dabei schien die seit über einem Jahr andauernde Unterdrückungswelle am 1. März ihren Höhepunkt erreicht zu haben, nachdem Madrid die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung von den Regionalwahlen ausgeschlossen hatte. Dadurch verlor das baskischen Lager mindestens 100000 Stimmen. Nur deswegen hatten die gesamtspanischen Parteien die absolute Mehrheit an Parlamentssitzen erringen können, die sie benötigten, um den zukünftigen Präsidenten des Baskenlandes, den Lehendakari, zu stellen. Dieser wird aller Voraussicht nach Patxi López heißen, der sich demnächst mit den Stimmen der postfranquistischen Volkspartei (PP) wählen lassen will.

Während López noch dabei ist, die letzten Details für die Regierungsübernahme in Gasteiz (Vitoria) zu klären, ist bereits jetzt eine erneute Zunahme der Repression zu beobachten. So brutalisiert die autonome baskische Polizei (Ertzaintza) ihr Vorgehen. In der Vergangenheit hatten ihr PSOE und PP vorgeworfen, sie würde »zu lasch« gegen die Linke und die Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) vorgehen. Da stand die Ertzaintza auch noch unter Kontrolle der konservativen Baskischen Nationalpartei (PNV). Nun setzt die baskische Polizeiführung offensichtlich auf vorauseilenden Gehorsam. Bereits am Wahltag 1. März nahm sie einen der ETA-Mitgliedschaft Verdächtigen fest.

Zwei weitere Verhaftungen folgten kurz darauf. Einer der beiden, Manex Castro, berichtete nach Ende der fünftägigen »Incomunicado-Haft«, während der die Gefangenen ohne Kontakt zu Familien oder Vertrauensanwälten isoliert gehalten werden, von Mißhandlungen. Er sei gezwungen worden, die Verantwortung für zwei Anschläge zu übernehmen. Die geschäftsführende baskische Regionalregierung widersprach zwar Castros Vorwürfen, wollte aber die Videoaufzeichnungen von der fünftägigen Isolationshaft nicht veröffentlichen und nährte damit den Eindruck, daß sich die Ertzaintza der Folterpraxis der spanischen Polizeikräfte anpaßt.

Hierfür spricht auch das Vorgehen in Arrasate (Mondragón). Wie in vielen anderen Orten erinnern Bewohner mit öffentlich ausgehängten Porträts an ihre einsitzenden Freunde oder Verwandten. In Arrasate wurde diese an einer Bankfiliale angebrachte »Fotogalerie« nun von der Ertzaintza beseitigt: Vorausgegangen war eine Anzeige von Patxi López gegen die »Wand der Schande«.

Die der PSOE nahestehende Tageszeitung El País berichtete am Sonntag, daß das nur der Anfang der neuen Politik in der Region ist. López wolle den »totalen Kampf« gegen die ETA führen. Es werde »keinerlei politische Zugeständnisse« geben. Gefangenenhilfsorganisationen wie Etxerat (Nach Hause) erhielten demnach nur noch Subventionen, wenn sie »den Terrorismus verdammen«. Der öffentliche Radio- und TV-Sender EiTB solle den »Terrorismus delegitimieren«, indem er »keine verbotene Partei mehr zu Wort kommen« läßt.


Erstveröffentlichung: Ingo Niebel in Junge Welt vom 16.3.2009

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