“… ein Akt von Staatsterrorismus”
Hunderte Menschen gedachten in Donibane, einem Ortsteil von Iruna (spanisch: Pamplona), Angel Berrueta. Der Bäcker wurde am 13. März 2004 von einem Polizisten der Policia espanola und dessen Sohn ermordet. Nur wenige Tage vorher, am 11. März 2004, hatte es in Madrid Anschläge auf Pendlerzüge gegeben, bei denen 191 Menschen starben und 1800 verletzt wurden. Politischer Hintergrund des Massakers war die Beteiligung Spaniens am Krieg im Irak.
Die spanische Regierung unter Führung von Aznar, Chef der rechten Partido Popular, versuchte auf zynische Art und Weise, die Trauer und die Wut der Menschen über das Massaker für den Kampf gegen die Unabhängigkeitsbewegung im Baskenland zu instrumentalisieren und damit die anstehenden Wahlen für sich zu entscheiden. Unmittelbar nach dem Anschlag wurde die ETA als verantwortlich benannt und Anti-ETA-Demonstrationen “Für die Opfer und die (spanische) Verfassung” organisiert.
Der Bäcker Angel Berrueta wird als bekannter Unterstützer der linken Unabhängigkeitsbewegung Opfer der so erzeugten Pogromstimmung. Nach einer Anti-ETA Demonstration in Donibane betritt Pilar Rubio, Frau eines Polizisten am Ort, den Bäckerladen mit ihrem “ETA NO” Plakat und forderte den Bäcker auf, das Plakat in seinem Schaufenster auszustellen, was dieser ablehnt. Aus den Drohungen der Frau “Diesen Hurensohn bringen wir um!” wird dann bitterer Ernst. Ihr Mann, Polizist bei der Policia espanola, und ihr Sohn ermorden Angel Berrueta gemeinsam mit Messerstichen und vier Schüssen.
“Nicht ein Nachbarschaftsstreit mit tödlichem Ausgang,
sondern ein Akt von Staatsterrorismus”
Als “Nachbarschaftsstreit mit tödlichem Ausgang” wertet die Staatsanwaltschaft das Verbrechen und verurteilt den Polizisten und seinen Sohn zu Gefängnis, die Frau des Polizisten wird freigesprochen.
Im offiziellen spanischen Sprachgebrauch existiert der spanisch-baskische Konflikt schließlich nicht, es gibt nur die ETA und ihre Opfer, der Mord an Angel Berrueta wird so zum Nachbarschaftsstreit umetikettiert. Auch der Tod von Kontxi Sanchiz, die bei einem Einsatz der baskischen Polizei Ertzaintza in Hernani am Tag darauf an einem Herzinfarkt stirbt, wird in der Polizeistatistik wohl unter natürlicher Todesursache geführt. Die Opfer der Gewalt in diesem Konflikt werden vom spanischen Staat in klare Freund-Feind-Kategorien unterteilt.
Die Witwe des ermordeten Bäckers Mari Carmen Manas berichtet auf der Gedenkveranstaltung, wie die Polizei versucht, die Gedenkfeier zu stören. An ihren Mann gerichtet, sagt sie: “In diesen Tagen werden die Strassen von Donibane durch die Erinnerung an Dein Lächeln heller. Das Mitgefühl und die Unterstützung, die Deine Nachbarn zeigen, sind überwältigend. Die Kameraden Deines Mörders haben Plakate für Deine Gedenkfeier beschlagnahmt und drohen denen, die sie tragen, mit einer Anklage wegen 'Verherrlichung von Terrorismus'. … In Wirklichkeit war (Dein Mord) ein Fall von Staatsterrorismus”.