Alle elf Angeklagten im Prozess gegen die baskischen Wahllisten D3M (Demokratie für 3 Millionen, in Anspielung auf die 3 Millionen Menschen, die in den sieben Provinzen des Baskenlands leben) und Askatasuna (Freiheit) wurden mit dem heutigen Urteil des spanischen Sondergerichts Audiencia Nacional FREIGESPROCHEN. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft ihre Anklage gegen zwei der Angeklagten, Fernando Andia und Aitor Liguerzana, zurückgezogen. Für die restlichen elf Angeklagten Amparo Lasheras, Arantza Urkaregi, Unai Berrostegieta, Hodei Egaña, Agurtzale Solaberrieta, Eli Zubiaga, Iker Rodrigo, Imanol Nieto, Zuriñe Zorrozua, José Antonio Munduate und Xabier Isasa hatte der Staatsanwalt Haftstrafen zwischen 6 und 9 Jahren gefordert. Wie in vielen Prozessen gegen politische Repräsentanten der abertzalen Linken war deren friedliches politisches Engagement für demokratische Verhältnisse und für Selbstbestimmung im Baskenland als Unterstützung von oder Zusammenarbeit mit ETA kriminalisiert worden.
Spanische Polizei hatte acht Kandidaten der Wahlliste D3M, die an den Regionalwahlen der Baskischen Autonomen Gemeinschaft (CAV) des Jahres 2009 teilnehmen wollten, kurz nach Gründung der Liste im Morgengrauen als “Terroristen” aus ihren Betten geholt und inhaftiert. DIe Polizeiaktion diente als Begründung für das kurz darauffolgende Verbot der Liste. Verantwortlich als Untersuchungsrichter war damals Baltasar Garzón.
“Seit gestern sind Amparo Lasheras, Iñaki Olalde, Arantza Urkaregi, Imanol Nieto, Eli Zubiaga, Iker Rodrigo, Hodei Egaña und Agurtzane Solaberrieta im Gefängnis Soto de Real in Madrid inhaftiert. Acht Personen mit Familie, mit Namen, die vielen Menschen bekannt sind und die von vielen hoch geachtet werden, sind von heute auf morgen nicht nur ihrer politischen Rechte beraubt, sondern ihrer gesamten Arbeit und ihrer Lebensplanung. In einer makaberen Lotterie hat der spanische Innenminister gemeinsam mit dem Sondergerichtshof Audiencia Nacional entschieden, gegen diese acht Personen vorzugehen. Ihr Delikt ist einzig und allein ihre Entscheidung, für die Wahlen (zur baskischen Regionalregierung) am 1. März zu kandidieren. Wenn sich Personen aus dem Umfeld der linken Unabhängigkeitsbewegung dazu entscheiden, ist es für den Richter Baltasar Garzón klar, dass sie hierbei den Befehlen der ETA folgen. Irgendeinen Beweis, dass jemand so einem Befehl gefolgt sei oder dass so ein Befehl existiere, gibt es nicht. Aber wen schert das schon? …” kommentierte damals Iñaki Iriondo in der baskischen Zeitung GARA diese Polizeiübergriffe.
Der heutige Freispruch bestätigt damit auch indirekt den undemokratischen Charakter der letzten Regionalwahlen in der CAV, in der die in der baskischen Bevölkerung stark verankerte abertzale Linke, die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung, durch Parteien- und Wahllistenverbote komplett ausgegrenzt wurde.
Der heutige Freispruch sei “das einzig mögliche Urteil”, erklärten die Angeklagten auf einer Pressekonferenz in Bilbo (span: Bilbao). Sie fordern die Abschaffung der spanischen Sondergesetze, die die Basis für eine Verfolgung friedlicher politischer Akteure als “Terroristen” bilden und die Rücknahme der Anklage in den vielen anderen noch laufenden Verfahren gegen politische Aktivisten im Baskenland.
Siehe auch: Zwei Monate interniert wegen Gründung einer demokratischen Wahlliste (März 2009) weiterlesen >>