Gernika gedachte des 75. Jahrestages seiner Zerstörung durch Franco und Hitler. Streit um Picassos berühmtes Gemälde
Das deutsche Auswärtige Amt hat 75 Jahre nach der Bombardierung der baskischen Stadt Gernika am 26. April 1937 einen Gedenkstein für die Piloten der deutschen »Legion Condor« auf dem Almudena-Friedhof in Madrid entfernen lassen. Das berichtete am Donnerstag der Kölner Stadt-Anzeiger. Das Blatt hatte sich beim Ministerium von Guido Westerwelle nach dem Stein erkundigt, dessen Inschrift lautete: »Hier ruhen deutsche Flieger gefallen im Kampfe für ein freies Spanien.« Inzwischen wurde der Text offenbar auf Druck aus Berlin gelöscht. »Die Aufschrift ignorierte die Leiden der Opfer, die der Einsatz der Legion im spanischen Bürgerkrieg insbesondere auch unter der spanischen Zivilbevölkerung gefordert hat«, teilte das Ministerium der Kölner Zeitung mit.
Unterdessen warteten die Menschen in Gernika auch am Jahrestag des Verbrechens vergeblich auf ein Schuldeingeständnis der spanischen Regierung. Bis heute verweist Madrid auf eine angebliche Alleinverantwortung der Hitlertruppen für den Angriff, der Hunderte Menschenleben gekostet hatte und leugnet, daß dieser auf die Kriegsplanungen der Franco-Faschisten zurückgegangen war. So zitierte die baskische Tageszeitung Gara am Donnerstag Spaniens Bildungs- und Kulturminister José Ignacio Wert von der postfranquistischen Volkspartei (PP) mit den Worten, der Bürgerkrieg »war ein Testfeld für deutsche Rüstung«. Bis heute hat sich kein spanischer Regierungschef für die Bombardierung Gernikas bei seinen Bürgern entschuldigt.
»Gernika wird immer noch bombardiert, heute zwar nicht mehr mit Fliegerbomben und Granaten, aber medial und politisch«, kommentierte dies gegenüber junge Welt Julen Martínez, der für das Linksbündnis BILDU im Kommunalparlament der geschundenen Stadt sitzt. Er erinnerte daran, daß im vergangenen Jahr mit dem Abkommen von Gernika Bewegung in den seit Jahrzehnten anhaltenden baskisch-spanischen Konflikt gebracht werden konnte und die Untergrundorganisation ETA daraufhin im Oktober 2011 die Waffen niederlegte. Trotzdem verleumden rechte Blätter wie ABC die an den politischen Bemühungen beteiligten Organisationen noch immer als »terroristisch«.
Bis heute vergeblich fordert Gernika zudem, daß das weltberühmte Bild von Pablo Picasso mit dem in spanischer Sprache gewählten Titel »Guernica«, das die in dem kleinen baskischen Städtchen von den Faschisten angerichteten Gräueltaten in bestürzend eindrucksvoller Weise widerspiegelt, an dem Ort ausgestellt wird, den es thematisiert. Stattdessen befindet es sich in Madrid, der Hauptstadt des Franco-Nachfolgers als Staatschef Spaniens, Köng Juan Carlos de Borbón. Franco hatte diesen am 25. August 1948 als seinen Nachfolger bestimmt und damit auch die Monarchie als Staatsform festgelegt. Nun läßt dieser das Bild wie zum Hohn im Museum »Reina Sofia«, das den Namen seiner Gattin trägt, ausstellen, wo es als Touristenmagnet enorme Summen in die Kassen Madrids spült. Den Einwohnern Gernikas hingegen wurde arrogant beschieden, sie seien nicht in der Lage, dieses wertvolle Stück sicher genug zu verwahren.
1969 hatte Picasso über seinen Rechtsanwalt Roland Dumas mitteilen lassen, Guernica werde »nur in ein Spanien mit einer Republik zurückkehren«. Zuvor hatten die Behörden Franco-Spaniens sich darum bemüht, das berühmte Gemälde nach Madrid zu holen. Ein Jahr später schrieb Picasso in einem Brief an das Museum of Modern Arts in New York, das das Gemälde ausstellte, es dürfe erst an Spanien zurückgegeben werden, »wenn die öffentlichen Freiheiten wiederhergestellt sind«.
Erstveröffentlichung: Junge Welt vom 27.4.2012 weiterlesen >>