12.01.2015 | Uschi Grandel (junge Welt vom 12.1.2015)
Demo Bilbo 1012015

Großdemonstration in Bilbao fordert Heimkehr der baskischen Gefangenen

Seit vielen Jahren findet im Baskenland Anfang Januar eine Großdemonstration für die Rechte der baskischen politischen Gefangenen statt. Am Samstag waren es nach den ausgefeilten Zählmethoden der baskischen Zeitung GARA mehr als 80.000 Menschen, die für ein Ende der spanischen Politik unmenschlicher Sondergesetze gegen das immer noch 460 Personen zählende baskische Gefangenenkollektiv auf die Straße gingen. Nicht die größte Demonstration für die Gefangenen, die Bilbo (span.: Bilbao) bisher erlebt hat, aber eine der großen. Sie macht die Fortschritte der politischen Entwicklung im Baskenland der vergangenen Jahre sichtbar. Denn die Demonstration hatte die bisher breiteste Unterstützung der baskischen Bevölkerung mit einer Teilnahme, die weit über das Spektrum der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung hinausgeht. Dies ist umso bemerkenswerter, als Spanien mit allen Mitteln versucht, durch eine rigide Gefangenenpolitik die linke Friedensinitiative im Baskenland zu blockieren und Proteste dagegen zu kriminalisieren.

Trotzdem – oder vielleicht auch deswegen – verbreitert sich der Kreis der Unterstützer Jahr um Jahr. So riefen im Baskenland bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Wissenschaftler, Künstler, Sänger und Schriftsteller, darunter beispielsweise der weit über das Baskenland hinaus bekannte Bernardo Atxaga, erstmalig zur Demonstration auf. Das Bürgernetzwerk Sare hatte diesmal deren Organisation übernommen. Die beiden Sprecher von Sare, Joseba Azkarraga und Teresa Toda, symbolisieren den großen Konsens der baskischen Gesellschaft bezüglich der Forderung nach einem sofortigen Ende der spanischen Sondergesetze gegen die baskischen Gefangenen. Azkarraga, ehemaliger Justizminister der Baskischen Autonomen Gemeinschaft und Gegner der Koalition seiner sozialdemokratischen Partei Eusko Alkartasuna (Baskische Solidarität) mit Sortu (Aufbauen), der Partei der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung, arbeitet in Sare gemeinsam mit Teresa Toda, der Direktorin der von Spanien 1998 illegal geschlossenen linken baskischen Zeitung Egin, die ihre journalistische Tätigkeit mit sechs Jahren Haft in verschiedensten spanischen Gefängnissen bezahlte und erst Ende 2013 entlassen wurde.

Im Fokus der Demonstration stand die Politik der »Zerstreuung«, der Inhaftierung baskischer politischer Gefangener weit entfernt vom Baskenland und von ihren Familien. Nicht einmal ein Dutzend der 460 Gefangenen befinden sich in Gefängnissen des Baskenlands. »Eine Politik der Rache« nennt Sare diese Politik. Die Losung der Demonstration war deshalb »Now! Euskal Herrira – Jetzt! Zurück ins Baskenland«. Die Angehörigen der Gefangenen, die seit 25 Jahren Woche um Woche im Durchschnitt 600 Kilometer Entfernung überwinden, um ihre inhaftierten Angehörigen für weniger als eine Stunde zu sehen, wurden mit großem Applaus begrüßt.


Erstveröffentlichung: junge Welt vom 12.1.2015 weiterlesen >>

Foto: Luis Jauregialtzo, ARGAZKI PRESS, 10.1.2015

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