08.10.2014 | Beatriz Etxebarria, baskische politische Gefangene

«Sie werfen eine Decke auf den Boden. 'Der Kommissar' schreit und sagt mir, dass er mich nochmals vergewaltigen wird.»

Beatriz Etxebarria, in Haft seit ihrer Festnahme im März 2011, hat eine umfassende und detaillierte Aussage über ihren Aufenthalt in den Kerkern von Madrid getroffen. Info-Baskenland gibt sie hier (via GARA) wieder. Das ist was Madrid nicht untersucht hat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Spanien deshalb im Oktober 2014 zu einer Geldstrafe verurteilt.

Am Dienstag, 1. März, gegen 4:00 Uhr morgens brechen sie die Tür auf. Sie packen mich an den Haaren und zerren mich ins Wohnzimmer. Ich habe nur Unterwäsche an und während der ganzen Durchsuchung darf ich mich nicht anziehen. Im Wohnzimmer halten sie mich mit Gewalt fest und auf dem Sofa versuchen sie mir die Handschellen anzulegen. Sie sind verärgert, weil die Handschellen zu klein sind. Während ich auf dem Sofa sitze, sagen sie mir: «Du wirst schon sehen, was für fünf Tage Du erleben wirst.»

Während der Durchsuchung des Abstellraums wurde mir leicht schwindlig. Sie packen meinen Arm sehr fest, sie hinterlassen Abdrücke. Sie fesseln mich mit Seilen und ziehen diese immer fester zu.

Als wir das Haus verlassen, bedrohen sich mich: Ich soll meinen Freund weder anschauen noch mit ihm reden. Sie bringen mich zum Auto und sie verbieten mir das Durchsuchungsprotokoll zu lesen.

Sie bringen mich zur Gerichtsmedizin von Bilbo (Bilbao): Sie untersuchen genau, ich habe Abdrücke von den Seilen an den Handgelenken, ich hatte angeschwollene Venen und einige Abschürfungen. Die Arme waren steif unf gerötet, durch die Art wie sie mich anpackten.

Sie verfrachten mich in den Patrol. Sie zwingen mich die Augen zu schließen und halten sie mir, mit ihren Händen, zu. Ich höre wie sie davon sprechen, sich mit einem weiteren Wagen zu treffen.

Wir halten. Ein Guardia Civil, der sich ‘Der Kommissar’ nennt, kommt mich holen und wir wechseln das Auto; es ist diesmal kein (Nissan) Patrol(-Geländewagen), es ist ein normales Auto aufgrund der Platzverhältnisse und der Höhe beim Einsteigen. Der Kommissar beginnt mir ins Ohr zu schreien und bedroht mich: «Ich bin Militär und zum Töten ausgebildet». Er sagt mir, dass ich zwei Optionen hätte: Von Anfang an zu reden, oder nicht. Ich bemerke wie sie eine Tüte herausholen und sie sie mir auf die Hände legen. Während der Fahrt nach Madrid schlagen sie mich auf den Kopf und in den Nacken, und bedrohen mich andauernd. Sie sagen mir, dass der Wagen anhalten wird – und «ich werde dich nackt ausziehen, dich in den Schnee werfen und dich auseinandernehmen». Der Kommissar zieht sich seine Jacke aus und reibt sich an meinem Körper. Der andere Polizist, der neben ihm saß, „beschwichtigt“ den Kommissar, aber er bedroht mich auch. Während der Fahrt nach Madrid stülpen sie mir zweimal die Tüte, «la bolsa», über den Kopf und schnüren mir die Luft ab, kurz vor dem Ersticken nehmen sie die Tüte wieder weg.

Auf dem Revier gab es unterschiedliche Zimmer: In einem hörte ich die Schreie der restlichen Festgenommenen – und es gab ein anderes, weiter unten, wo ich den Eindruck hatte, dass es isoliert war, und dort war der Umgang noch schlechter. Den ersten Raum werde ich das «harte Zimmer» und den anderen «das sehr harte» nennen.

Die Drohungen gehen weiter und Der Kommissar steckt mich in eine Zelle und sagt mir, ich solle genau überlegen was ich tun werde. Sie holen mich aus der Zelle und bringen mich zum Gerichtsmediziner.
Es ist ca. 20:30 Uhr am Dienstag. Ich berichte ihm, dass ich gefoltert werde. Sie bringen mich zurück in die Zelle.

Sie bringen mich in das «harte Zimmer». Dort hörte ich Schreie der übrigen Festgenommenen. Sie setzen mich auf einen Stuhl und befeuchten meine Hände, währenddessen höre ich Geräusche die nach Elektroden klingten. Als ich in der Zelle war hörte ich dieselben Geräusche. Sie sagen mir, dass ich reden muss und sie fangen an, mir die Kleidung auszuziehen, bis ich ganz nackt bin. Während ich nackt bin, schütten sie kaltes Wasser über mich. Sie drohen mir mit der Badewanne, la bañera, Waterboarding. Auch nackt, zwingen sie mich auf alle viere über eine Art Schemel. Sie reiben meinen Anus und meine Scheide mit Vaseline ein und stecken mir Objekt ein. Ich bin weiterhin nackt, sie stecken mich in eine Decke und schlagen mich. Sie packen mich, sie schütteln mich heftig und zerren mich vom Boden.


Sie bringen mich zurück zur Zelle, bis zum Mittwochmorgen, als ich wieder zum Gerichtsmediziner gebracht werde. Ich erzähle ihm etwas über die Misshandlungen denen ich unterworfen wurde und sein Benehmen mir gegenüber ist sehr schlecht.

Zurück in der Zelle versuche ich etwas zur “Ruhe” zu kommen. Nach kurzer Zeit, kommt Der Kommissar und bringt mich ins «sehr harte Zimmer». Dort zieht er mich wieder aus. Er zieht mich an den Haaren, er schlägt mich auf den Kopf und schreit mir in die Ohren, dass er Militär sei und, dass er zum Töten trainiert sei – und «ich werde dich von innen zerstören, damit du keine kleinen Etarras mehr haben kannst».

Sie bringen mich zurück in die Zelle, und danach zum Gerichtsmediziner. Ich erzähle ihm nichts, nachdem ich gesehen hatte, wie seine Haltung bei der letzten Visite gewesen war, als er meine Folterschilderungen in Frage gestellt hatte.

Bei den Verhören waren immer viele Personen dabei. Einmal habe ich bis zu sieben verschiedene Stimmen gezählt. Sie drohen die ganze Zeit meinen Freund weiter zu foltern (ich höre wie sie ihn misshandeln). Sie drohen auch meinen Bruder festzunehmen. Sie sagen mir, dass sie ohne eine Geständnis, nicht nur meine Eltern, sondern auch meine Großmutter «in Schlüpfer holen würde und dass er sie ficken würde».

Am vorletzten Tag zieht mich Der Kommissar wieder nackt aus. Er wirft eine Decke auf den Boden und schreit; sie sagen mir, dass sie mich erneut vergewaltigen werden. Ich habe den Eindruck, dass er sich auszieht, ich höre wie er sich den Gürtel auszieht. Dann versucht der, den sie Garmendia nennen, ihn zu beruhigen, er bringt ihn aus dem Raum und ich höre wie sie sich unterhalten. Garmendia kommt wieder in das Zimmer und sagt mir, ich solle ihm versprechen, dass ich gestehen werde.

Am letzten Tag hatte ich sechs Verhöre. Die zweite Aussage vor der Polizei mache ich am Samstag, um 5:40 Uhr. Danach ziehen sie mich nicht mehr nackt aus und die Aggresivität ist geringer, sie fragten mich sogar, ob ich meinen Freund Iñigo sehen wolle.

Die Drohungen hörten bis zur Ankunft an dem Sondergericht Audiencia Nacional nicht auf. Der Kommissar, der neben mir saß, sagte mir, dass ich meine Aussage vor dem Richter ratifizieren müsste.

Während der gesamten Dauer der Incomunicado-Haft, außer wenn ich zum Gerichtsmediziner gebracht wurde, waren meine Augen mit unterschiedlichen Binden verbunden. Einige waren aus Latex, mit einem Pulver eingerieben, von dem sie mir sagten, dass ich davon erblinden würde wenn ich die Augen öffnen sollte. Ich spürte, dass meine Augen eine ganze Zeit lang davon brannten, wenn sie mir die Binde zum Besuch beim Gerichtsmediziner abnahmen. Wenn ich bei Dem Kommissar war, legten sie mir eine andere Binde, aus Samt o.ä. an.

Während der Isolierung (Incomunicado-Haft) hatte ich vor allen Dingen mit drei Polizisten zu tun (Der Kommissar, Der Inspektor und Garmendia, der weniger brutal war), wenn auch während der Vernehmungen, immer viele Personen im Zimmer anwesend waren.

Vor dem Richter bestritt ich meine vor der Polizei erzwungene Aussage und zeigte an, gefoltert worden zu sein.

Text in kursiv kennzeichnet Anmerkungen der Redaktion.

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