22.09.2014 | Uschi Grandel

Heute, am Montag, den 22.9.2014, beginnt ein neuer Massenprozess gegen 28 baskische Jugendliche vor dem spanischen Sondergericht Audiencia Nacional. Wie im letzten Prozess gegen 40 Jugendliche, der im Juni 2014 nach monatelanger Verhandlung mit einem Freispruch für alle Angeklagten endete, will die Anklage die politisch aktiven Jugendlichen als Terroristen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilen. Wie im letzten Prozess basieren die Anklagen ausschließlich auf Selbstbezichtigungen der jungen Leute in der berüchtigten Polizei-Isolationshaft (Incommunicado-Haft).
Wie im letzten Prozess, haben die Jugendlichen angezeigt, dass ihre Unterschriften unter vorgefertigte Geständnisse durch Folter erzwungen wurden. Wie vor dem letzten Prozess, weigern sich auch diesmal einige der Angeklagten, vor Gericht in Madrid zu erscheinen. Seit gestern bilden Unterstützerinnen und Unterstützer vor der Basílica de Loiola eine Schutzmauer (Aske Gunea), um die Festnahme dieser Jugendlichen durch die Polizei in einem Akt des zivilen Ungehorsams zu verzögern und damit dagegen zu protestieren, dass die spanische Regierung im Baskenland auch drei Jahre nach Ende des bewaffneten Kampfes durch ETA Bürgerrechte mit Füssen tritt und politische Betätigung als Terrorismus verfolgt. Wir veröffentlichen im Folgenden die Erklärung der 28 angeklagten Jugendlichen in deutscher Übersetzung:

“Erneut müssen wir uns mit einer schwierigen politischen Situation auseinandersetzen. An diesem Montag beginnt vor dem spanischen Sondergericht Audiencia Nacional ein Prozess gegen 28 junge AktivistInnen, der sich im Wesentlichen auf unter Folter erzwungene Aussagen stützen wird. Den Angeklagten drohen sechs Jahre Haft. Es ist inakzeptabel, dass solche Fälle in einer angeblichen Demokratie zur Norm geworden sind. Wir sind müde von all dem Leid. Es ist an der Zeit, sich gegen diese ungerechte Gesetzgebung aufzulehnen.

Die Anklage entbehrt nicht nur jeder politischen, sondern auch jeder juristischen Vernunft. Sie ist schlicht ungerecht. Im Juni sprachen die Richter der Audiencia Nacional in Madrid vierzig Jugendliche vom Tatverdacht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung frei. Es gab keine Beweise. Zudem mussten die Richter die in der Incomunicado-Haft gemachten Aussagen der Angeklagten als erzwungen anerkennen. Nun stellt das Gericht weitere 28 Jugendliche unter den gleichen Tatverdacht und geht damit hinter seine eigenen Entscheidungen zurück. Wann hört das auf? – Wir wissen, dass die Lösung in unseren Händen liegt. Nur wir selbst, als menschlicher Schutzwall, können diesen Alptraum beenden.

Was werden wir tun?

Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder unsere Bereitschaft zu einer demokratischen Lösung des politischen Konflikts zum Ausdruck gebracht.. Die politische Repression und die ungerechten Gesetze, auf denen sie basiert, stehen dazu in absolutem Widerspruch. Vor dem Hintergrund des Friedensprozesses sind sie eine Provokation. Es ist offensichtlich: Der spanische Staat will die Möglichkeit einer friedlichen Konfliktlösung mit allen Mitteln verhindern. Das werden wir nicht zulassen. Wir haben einen umfassenden Vorschlag für eine politische Lösung des baskischen Konflikts gemacht. Wir werden jetzt nicht einfach dastehen und zusehen, wie unsere Freundinnen und Freunde festgenommen werden.

Es muss endlich Schluss sein mit den politischen Prozessen. Das ist unser Ziel.

Wir haben aus den vergangenen Kampagnen gegen die politischen Prozesse gelernt. Jedes Mal sind es mehr, die sich gegen die Ungerechtigkeit der Repression zur Wehr setzen. Jedes Mal sind es mehr, die Schutzwälle errichten, Schutzwälle mit ihren Körpern, starke Schutzwälle, die die Festnahme durch die Polizei immer komplizierter machen.

1. Einige von uns werden nach Madrid fahren. Wir werden den Prozess als juristische Farce demaskieren. Dabei werden wir den Raum mit jenen teilen müssen, die manchen von uns unter Folter falsche Aussagen abgezwungen haben, und deren Lügen hören müssen. Was soll das für eine Gerechtigkeit sein?
2. Einige von uns werden nicht nach Madrid fahren. Wir bleiben hier, geschützt von unseren Leuten – so wie in der Vergangenheit bei den Schutzwällen in Donostia, Ondarroa, Pamplona… Mit diesen Aktionen wollen wir betonen, dass die strukturellen Probleme des baskischen Friedensprozesses endlich gelöst werden müssen. Uns ist klar, dass wir festgenommen werden, weil wir im Baskenland bleiben. Das ist unser Beitrag zur Lösung des politischen Konflikts. Es ist auf#s Neue Zeit für den menschlichen Schutzwall und wir werden Euer aller Hilfe brauchen.

Mit Eurer Hilfe werden wir eine gerechte Lösung erreichen. Jeder mit seinen Mitteln. Jeder auf seine Weise. Jeder Beitrag, jede Hilfe ist willkommen. Halten wir die Angriffe des korrupten Systems ein für alle Mal auf.

Es ist Zeit, unsere Kräfte zu bündeln. Unterstützen wir uns gegenseitig. Es ist Zeit, geeint zu handeln. Jetzt und hier. Schließen wir uns zusammen gegen die Ungerechtigkeit!

Nur geeint werden wir siegen! Irabaziko dugu!

Baskenland, September 2014”

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